Die internationale Normenarbeit des DTV

BONN, 05. April 2017 - Als erster deutscher Branchenverband hat der DTV 2015 einen Vertreter als Experten für die Nichtregierungsorganisation Small Business Standards (SBS) in Brüssel benannt. Finanziell unterstützt von der EU-Kommission beruft SBS europaweit jährlich ca. 50 Experten aus kleinen und mittelständischen Unternehmen für die Arbeit in den europäischen und internationalen Normungsgremien. Diese so genannten SBS-Experten bekommen in der Normungsarbeit einen besonderen Einfluss. Sven Schöppe arbeitet seit 2015 in diversen branchenrelevanten Normungsgremien mit und berichtet regelmäßig an den DTV. Mit Beginn des Jahres 2017 konnte der DTV in Person von Roberto Riedo noch einen weiteren Normenexperten hinzugewinnen, der die Interessen kleiner und mittelständischer Textilpflegebetriebe in den Normungsgremien vertritt.

Derzeit sind die beiden Experten vor allem mit Normen aus dem Krankenhausbereich beschäftigt – einem Feld in dem beide bereits über mehrere Jahre Erfahrung verfügen. In beiden Gremien soll unter anderem sichergestellt werden, dass die Testmethoden und Qualitätsstandards für entsprechende Textilien nicht zugunsten von Einwegartikeln verändert werden. Denn die Bereitstellung von sicheren, wiederverwendbaren medizinischen Abdecksystemen in Krankenhäusern ist ein wichtiger Geschäftszweig für Textildienstdiensteister in ganz Europa und insbesondere auch mittelständischer Wäschereien.

Der Schweizer Textilingenieur Roberto Riedo ist bereits seit den 90er-Jahren in internationalen Normungsgremien tätig und war zuletzt in der Normierungsgruppe für „Operationskleidung und -tücher sowie medizinische Gesichtsmasken“ engagiert.

Sven Schöppe arbeitet seit seiner Ausbildung als Fachmann für Textilaufbereitung Anfang der 80er Jahre in der Textildienstleistungsbranche. Seine Tätigkeiten reichen von der Entwicklung und Förderung integrierter Logistiklösungen im Bereich der Textildienstleistung bis hin zur Gestaltung von Systemen für wiederverwendbare OP-Tücher und Kittel. Er arbeitet derzeit im Normierungsgremium „Schutzkleidung gegen gefährliche biologische Arbeitsstoffe“ mit.

Gegen den „Normierungswahn“

Viele Normen – anders als von den Normungsgebern gedacht – werden durch zusätzliche nationale Gesetzgebung oder in öffentlichen Ausschreibungsverfahren verpflichtend und können damit sehr schnell zum Ausschluss von KMU auf Märkten führen. Zwar haben die Politik und die Normenentwickler in Brüssel das Ziel, durch eine Internationalisierung der Normen den KMU den Zugang zu Märkten zu erleichtern, oft passiert aber genau das Gegenteil: Internationale Konzerne beeinflussen die Normen stark und nutzen diese, um KMU über den Weg der Standardisierung ihrer Produkte aus den angestammten Märkten in Europa zu drängen.

Foto: Witness Images

Mit Unterstützung des DTV wendet sich SBS nun mit einem Positionspapier deutlich gegen eine breit angelegte EU-Strategie zur weiteren Standardisierung von Dienstleistungen. Denn gerade der Dienstleistungsbereich wird dominiert von kleinen und mittelständischen Unternehmensstrukturen und individuellen und wenig grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Dienstleistungen werden oft genug gerade für den lokalen Bedarf und lokale Märkte angeboten. Flexibilität und Kundenbeziehungen sind hier viel wichtiger als eine Standardisierung der Dienstleistung, argumentiert SBS gegenüber der EU-Kommission.

Die Schlüsselargumente von SBS lauten: Es muss sichergestellt sein, dass dort, wo Normen und Standards entwickelt werden, erstens überhaupt ein Bedürfnis des Marktes für solche Normen besteht. Zudem müssen solche Normen anwenderorientiert und auf kleine und mittelständische Unternehmen zugeschnitten werden. Falls diese Bedingungen nicht erfüllt werden, bedeuten solche Normen für die Unternehmen und die Verbraucher nur zusätzliche Kosten und machen die Dienstleistungsmärkte ineffizienter, so SBS.

DTV-Geschäftsführer Schumacher argumentiert zudem: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Standards dazu führen, dass qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen durch Normen herabnivelliert werden, weil die Märkte sich dann an diesen Normen orientieren und in den Normen oft nur ein niedriges Niveau definiert wird.“ So könnten also neue Normen dazu führen, den Markt für qualitativ hochwertige Dienstleistungen kaputt zu nivellieren durch Standards, die niemand benötigt. Daher fordert das Positionspapier auch eine verpflichtende Untersuchung der Marktrelevanz einer jeden neuen Normeninitiative und der Auswirkung der Kosten für die Einführung solcher Normen insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen durch entsprechende Audits und Zertifizierungen.

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